Beurteilung des Gesamtpakets
1. Vorteile für alle Kantone
Milderung der Solidarhaftung
- Die fixen Beiträge des horizontalen und vertikalen Ressourcenausgleichs können zur Solidarhaftung innerhalb der Gruppe der ressourcenstarken bzw. der ressourcenschwachen Kantone führen, wenn insbesondere ein grosser Kanton einen wirtschaftlichen Einbruch erleidet. Ein besonders starker Einfluss auf das Gesamtsystem haben die bevölkerungsreichen Kantone Zürich, Bern, Waadt, Aargau, St. Gallen und Genf.
- Der neue Modus zur Steuerung der Dotationshöhe mildert diese Solidarhaftung für alle Kantone. Die Geberkantone haben in ihrem Positionspapier einen fixen Abschöpfungssatz vorgeschlagen, welcher die Solidarhaftung für die ressourcenstarken Kantone mildert. Der neue Steuerungsmodus mildert die Solidarhaftung sowohl für die ressourcenstarken als auch die ressourcenschwachen Kantone.
- Folgende Beispiele illustrieren die Solidarhaftung bei den Geber- und Nehmerkantonen:
Stärkung der Solidarität zwischen den Kantonen
Das Gesamtpaket erfordert eine gegenseitige Annäherung der ressourcenstarken und der ressourcenschwachen Kantone:
- Das Einstehen für eine gemeinsame Position der Kantone stärkt den Föderalismus und die eigenständigen Rollen von Bund und Kantonen.
- Die Akzeptanz der angemessenen Reduktion der Dotation des Ressourcenausgleichs und die bessere Abgeltung der soziodemografischen Sonderlasten ab 2020 sind ein Zeichen der Solidarität mit den ressourcenstarken Kantonen und den Wirtschaftszentren.
- Die ressourcenstarken Kantone und der Bund leisten mit dem neuen Steuerungsmodus höhere Zahlungen an die ressourcenschwachen Kantone, wenn sich das Ressourcenpotenzial in den ressourcenschwachen Kantonen ungünstig entwickeln sollte. Dies ist notwendig, um das Mindestziel zu garantieren. Die Solidarität mit den ressourcenschwachen Kantonen wird dadurch zusätzlich gestärkt.
Sicherung der Akzeptanz des Finanzausgleichs
Seit 2012 wächst seitens der ressourcenstarken Kantone und ihrer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler das Unverständnis über die Entwicklung der Finanzausgleichszahlungen, weil
- die Dotation des Ressourcenausgleichs und der Abschöpfungssatz zunehmen, obwohl das Mindestziel immer klarer übertroffen wird,
- zahlreiche ressourcenschwache Kantone ihre steuerliche Ausschöpfung markant senken konnten, wogegen die Wirtschaftszentren (ZH, BS, GE, VD) ihre steuerliche Ausschöpfung nicht reduzieren konnten und ihre steigenden Kernstadtlasten weitgehend selber finanzieren müssen.
- ein Abbau dieser Ungleichgewichte die Akzeptanz des Finanzausgleichs erhöht und ihn nachhaltig sichert.
2. Vorteile für Nehmerkantone
- Das Mindestziel wird neu gesetzlich garantiert. In der Vergangenheit wurde das gesetzliche Mindestziel in den Jahren 2010 und 2011 (vgl. Grafik) nicht erreicht.
- Mit dem Vorschlag der politischen Arbeitsgruppe der KdK soll das Mindestziel von 85,0% auf 86,5% deutlich angehoben werden.
- Die Übergangsperiode von 3 Jahren erleichtert den Übergang zum neuen NFA-System.
- Gemeinsam mit den Geberkantonen anerkennt eine grosse Mehrheit der Nehmerkantone die Notwendigkeit der Änderungen.
3. Vorteile für Geberkantone
Pluspunkte des KdK-Kompromisses
- Die geltende Überdotation von aktuell 771 Mio. Franken (2017) wird teilweise abgebaut, so dass die ressourcenstarken Kantone ab 2020 schrittweise entlastet werden.
- Das im geltenden NFA automatische Wachstum der Dotationshöhe wird beschränkt. Künftig ist allein der Bedarf für die Dotationshöhe des Ressourcenpotenzials massgebend.
- Die soziodemografischen Sonderlasten, die vor allem in den grossen Wirtschaftszentren anfallen, werden besser bzw. eher den effektiven Belastungen entsprechend abgegolten.
Entgegenkommen der Geberkantone
- Im Vergleich zum heutigen Gesetz wird den Nehmerkantonen das Mindestziel garantiert.
- Das Mindestziel wird um 1,5 Indexpunkte erhöht, was in etwa einer höheren Dotation des Ressourcenausgleichs von 400 Mio. Franken entspricht.
- Es wird eine Übergangsperiode von drei Jahren gewährt und damit auf einen sofortigen Abbau der Überdotation zu Beginn der vierten Finanzierungsperiode verzichtet.
4. Offene Fragen
Zu hohe Gewichtung der jP im Ressourcenpotenzial
Besonders hoch sind die Grenzabschöpfungsquoten bei den Gewinnen der juristischen Personen. Im geltenden NFA wird davon ausgegangen, dass das Ressourcenpotenzial der Einkommen natürlicher Personen gleich viele Steuereinnahmen generiert wie das Ressourcenpotenzial der Gewinne juristischer Personen. Effektiv generiert jedoch das Ressourcenpotenzial aus Gewinnen der juristischen Personen weniger Steuereinnahmen als dasjenige der Einkommen. Erst die Einführung der Zeta-Faktoren gemäss der Steuervorlage 17 wird die Problematik entschärfen. Die Anreizwirkung bleibt vorerst ungünstig, insbesondere bei den ordentlich besteuerten juristischen Personen.
Ungünstige Anreizwirkung
Die politische Arbeitsgruppe Finanzausgleich der KdK machte einen Vorschlag zur Verbesserung der Anreizwirkung durch einen Sanktionsmechanismus, welcher jedoch nicht weiter verfolgt wurde. Auch die NFA-Geberkonferenz hatte im Rahmen des zweiten Wirksamkeitsberichts eine effizientere Verteilkurve vorgeschlagen, welche die Mittel verstärkt den ressourcenschwächsten Kantonen zuweist und eine neutrale Zone einführt.
Der geltende NFA bietet kaum Anreiz für die ressourcenschwachen Kantone, das eigene Ressourcenpotenzial zu erhöhen. Steigert ein Nehmerkanton sein Ressourcenpotenzial beispielsweise durch eine Senkung des Steuersatzes, so lohnt sich dies finanziell kurz- bis mittelfristig nicht. Der Rückgang der NFA-Zahlungen übersteigt oftmals die zusätzlich generierten Steuereinnahmen. Grund dafür sind die hohen Grenzabschöpfungsquoten bei den Steuereinnahmen (vgl. Frank Bodmer 2014, Christoph Schaltegger 2017). Allerdings bleiben positive Multiplikatoreffekte und verzögerte Effekte bei dieser Betrachtung ausgeklammert.